eSports-Fotografie – Kontroverse oder Common Sense?

Fotojournalismus und eSports waren lange Zeit voneinander getrennt und wurden nur selten in direkte Verbindung gebracht. Natürlich gibt es – seit es eSport gibt – auch Fotos von Events, Spielern und Turnieren, aber vieles wird hinsichtlich der journalistischen Aufarbeitung noch völlig anders gehandhabt, als es beim traditionellen Sport der Fall ist. Dennoch gibt es sie natürlich, die eSport-Fotografen. Doch sind das Profis? Kann man davon leben oder ist die Nische noch so klein, dass man nach wie vor noch nicht wirklich vom Berufszweig des eSport-Fotografen reden kann? Eines vorweg: Die eSport-Fotografie unterscheidet sich grundsätzlich von der klassischen Sportfotografie, sodass sich aufstrebende Talente nicht an die klassischen Tipps zum Schießen von Sportlerfotos halten können und erklärt auch die Tatsache, dass die wenigsten eSport-Fotografen aus dem Bereich der Sportfotografie kommen, denn die Schnittmengen sind klein.

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Stand de eSport-Fotografie heute

Fotoausrüstung | Foto: WerbeFabrik, pixabay.com, CC0 Creative Commons
Fotoausrüstung | Foto: WerbeFabrik, pixabay.com, CC0 Creative Commons

Derzeit befindet sich der eSport in einem großen Umbruch, beziehungsweise man kann sicherlich eher von einem Durchbruch sprechen. Diese Veränderung spiegelt sich auch im Bereich der Fotografie wieder, denn einerseits gibt es eine Reihe von Fotografen, die eSports-Fotografie betreiben, aber auch Hauptschwerpunkte in anderen Bereichen haben. Ein gutes Beispiel ist Steffie Wunderl, die primär als Event- und Pressefotografin arbeitet, aber natürlich auch Jobs aus dem eSports Bereich annimmt und professionell umsetzt.

Beispiele wie Steffie gibt es tausende weltweit. Es gibt jedoch auch eine ganze Reihe aufstrebender reiner eSports-Fotografen, die wir später noch näher beleuchten möchten. Der Grund dafür, dass heute die meisten Fotografen zusätzlich auch als eSport-Fotografen arbeiten oder viele nebenberufliche Fotografen sich auch dem Thema eSport zuwenden, liegt in der zunehmenden Popularität des eSport an sich begründet. Man muss sich also erst mit dem Sport – ja, es ist ein Sport – an sich befassen, um die Frage nach dem Hintergrund der professionellen Sportfotografen beantworten zu können.

Zur Entwicklung des eSport

E-Sport am Computer | Foto: Tomasz_Mikolajczyk, pixabay.com, CC0 Creative Commons
E-Sport am Computer | Foto: Tomasz_Mikolajczyk, pixabay.com, CC0 Creative Commons

Eine bestechende Logik: So lange eine Sportaktivität nicht populär ist, lässt sich auch als Fotograf nicht wirklich viel Geld mit dieser Sportart verdienen. Lange Jahre war dies beim eSport der Fall. Zwar interessierten sich Menschen dafür, in der Regel wurden Nachrichten oder Berichte über Events aber völlig unkonventionell verbreitet. Dementsprechend hatten die klassischen Agenturen auch wenig Interesse daran, eSport-Fotos aufzukaufen. Derzeit wandelt sich dies gerade insofern, als dass eSports auch für die großen Medienkonzerne und Nachrichtenagenturen interessant wird – womit natürlich auch die Nachfrage nach Bildmaterial steigt. Auch bei den Zuschauerzahlen wird ein Rekord nach dem anderen gebrochen. So berichtete der Kicker schon 2016, dass die LoL-WM mit 43 Millionen Zuschauern erneut einen Rekord verbuchen konnte.

Seit dem ersten Computerspiel-Turnier im Jahr 1972 – damals wurde ein Pong-Turnier an der Stanford University ausgetragen – hat sich vieles getan. Bereits beim Dota 2 Turnier 2014 verzeichnete man beim größten eSports-Turnier The International Zuschauerzahlen von mehr als 20 Millionen und es gibt Preisgelder von mehr als 10 Millionen Dollar. Von einer Nischen-Sparte kann also schon lange keine Rede mehr sein. Interessant ist auch zu erwähnen, dass hier von Gesamt-Zuschauerzahlen die Rede ist. Das letzte The International Turnier erreiche bereits bis zu 5 Millionen Zuschauer gleichzeitig. Hierbei sind Fernsehzuschauer und Streamer mitgezählt. Allerdings führt nicht mehr Dota das Ranking der meistgesehenen Spiele an, sondern League of Legends. Hier konnte Riot Games im Zuge der LoL-Weltmeisterschaften 2016 bis zu 14,7 Millionen Zuschauer gleichzeitig begeistern. Bei den Preisgeldern ist Dota allerdings immernoch die Nummer 1, so wurden bei letzten The International Turnier 24 Millionen Dollar ausgeschüttet… Hiervon können klassische Randsportarten nur träumen.

Erst kürzlich berichtete BILD darüber, dass sich Ende November 2017 der eSport-Bund Deutschland gegründet hat und es entscheiden sich immer mehr Profi-Sportvereine dazu, eigene eSport-Squads zu gründen. Bis 2020 werden im Bereich eSports sogar Umsatzerlöse von mehr als 1 Milliarde Euro erwartet, wie der Fokus berichtete, womit man die DEL und BBL übertrumpfen würde.

Darüber Hinaus ist schon seit Anfang 2017 bekannt, dass im Rahmen der Olympischen Spiele 2022 eSport als offizielle Sportart mit aufgenommen werden wird. Der Olympische Rat Asiens (OCA) – der Heimat des eSports – wagt also den Schritt, eSport offiziell als Medaillensportart mit integrieren zu wollen. Außerdem findet man eSports auch immer breiter in Medien vertreten. So haben heute große Sportportale wie Sport1 schon längst einen eigenen eSport-Bereich und übertragen sogar eSports-Partien und Turniere im Fernsehen. Auch große Wettanbieter wie Betway bieten neben traditionellen Sportarten auch eSport-Wetten an. Der eSport ist folglich bei der breiten Masse längst als Sport angekommen, sodass die Aufnahme in die olympischen Spiele in Asien einfach eine logische Konsequenz war. Damit wird sich der eSport weiter zur professionellen und anerkannten Sportart entwickeln und automatisch auch das Thema eSports-Fotografie weiter in den Fokus rücken.

Professionelle eSport-Fotografen

Begeistertes Publikum | Foto: Free-Photos, pixabay.com, CC0 Creative Commons
Begeistertes Publikum | Foto: Free-Photos, pixabay.com, CC0 Creative Commons

Auch wenn es noch nicht viele spezialisierte eSport-Fotografen und noch weniger von ihnen in Deutschland gibt, so findet man sie dennoch. Auch große eSport-Portale sprießen aus dem Boden und insbesodnere Projekte wie esport.com, hinter dem Philipp Geppert steckt, bringen Journalismus und eSport immer näher zusammen.

Ein sehr bekannter reiner eSport-Fotograf ist Joe Brady. Der aus Großbritannien stammende Mann hinter vielen bekannten Fotos großer Turniere hat eine Vergangenheit bei einer britischen Fernsehshow hinter sich. Er nahm das Risiko auf sich, als reiner eSport-Fotograf einzusteigen, als das Berufsfeld überhaupt noch nicht existierte. Die Nachfrage war gering, die Anzahl an Turnieren mit der heutigen Anzahl an Spielen und Turnieren nicht vergleichbar und dennoch erwischte er exakt den richtigen Zeitpunkt. Auch wenn er gleichtzeitig immer noch Musikveranstaltungen und Konzerte begleitete, da er vom eSport-Bereich noch nicht leben konnte.

Aber neben Brady haben auch viele weitere talentierte – überwiegend junge Fotografen und Fotografinnen wie Helena Kristiansson, dem Gesicht hinter esportphoto.com den Sprung gewagt und sich auf eSport spezialisiert. Ein weiteres bekanntes Beispiel jenseits des großen Teiches ist der New Yorker eSports-Fotograf Robert Paul, der sich ebenfalls komplett auf eSport konzentriert hat und heute große Kunden wie ESPN, Red Bull, Activision Blizzard (der Entwickler hinter dem Erfolgs-Teamshooter Overwatch) oder auch Twitch und Capcom betreut.

Entwicklung

Vermehrt liest man auch über eSport-Fotografen selbst verschiedene Geschichten, Berichte und Artikel und bekommt nicht nur ihre vollendeten Werke zu Gesicht. Auch Preise für den besten eSport-Journalisten werden mittlerweile vergeben. So ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis mehr und mehr reine eSport-Fotografen am Markt auftauchen. Zuletzt konnte auch die ESL Frühlingsmeisterschaft in Köln im Mai 2017 einen Zuschauerrekord verbuchen. So zählte man mehr als 1.000 Fans in der Halle Live vor Ort und über 3,4 Millionen Views der Streams. Die Views hatten sich im Vergleich zur Wintersaison mit 1,3 Millionen also mehr als vervierfacht. Der eSports-Boom ist also kein internationales sondern auch ein deutsches Phänomen.

Es ist daher durchaus eine Überlegung wert, sich diesem Themenfeld zu widmen, wenn man noch auf der Suche nach seiner Kerntätigkeit im Bereich der Fotografie ist. Dies macht natürlich nur dann Sinn, wenn man sich auch für eSport begeistern kann. Allerdings darf man sich natürlich nicht dem Irrglauben hingeben, dass man im Bereich der eSports-Fotografie weniger sorgfältig arbeiten kann als in anderen Bereichen. Wer heute noch der Meinung ist, eSport-Pressefotos werden in einer staubigen Halle mit dem Smartphone geschossen, der sollte sich den Gedanken, eSport-Fotograf zu werden, gleich wieder aus dem Kopf schlagen.

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[Letzte Aktualisierung am 6.03.2024 um 08:31 Uhr / * = werbender Link (Affiliate) / Bilder von der Amazon Product Advertising API]